Express durch Indien

17.04.2012 23:56

 

 

Inhalt:

- 3 Tage, 760 Kilometer, 2 Grenzübergänge

- Platten über Platten

- Kein Ersatzreifen

- 30 Kilometer weiter

- Nachtschicht

- 17 Stunden on the road

- Amritsar – Goldener Tempel

 

 

3 Tage, 760 Kilometer, 2 Grenzübergänge

Nach einer mehr oder minder gemütlichen Nacht im nepalesischen Zollhof, zehn Meter neben dem Grenzübergang, machen sich Frühaufsteher „Giger“ und „Edwards“ auf zum nepalesischen Zoll. Hier ist noch nichts los und so trinken wir erst mal Tee im Strassenkaffe wo ich gestern den Hebel der Wasserpumpe in einem Energieanfall abgerissen habe. Uuups.

Zwanzig Minuten später sitzen wir im Zollhaus und füllen die schweren Bücher mit unseren Fahrzeugdaten. Die Passkontrolleure müssen wir zuerst aus dem Bett schütteln damit die Ausreise noch mit einem Stempel besiegelt wird.

Ihr merkt wir sind heute sehr Zeit fokussiert. Aufgrund von indisch-idiotischen Visums Bestimmungen müssen wir die 760 Kilometer von Nepal bis zur pakistanischen Grenze in nur drei Tagen runter spulen. Zwei indische Grenzübergänge (Ein- und Ausreise) sind grosse Zeitfresser und wer den indischen Verkehr kennt weiss dass diese Zeitvorgabe eine grosse Herausforderung ist.

Also nichts wie los.... Bruuuuuuuummmmm

 

Platten über Platten

Ich kann meine Worte noch genau hören:

 

Wie gross ist wohl die Chance dass ich ausgerechnet in den nächsten 700 Kilometer noch einen Plattfuss einfahre?!?!“

 

Genau, wenn man meine Platt-Fuss-Statistik der vergangenen zwei Reisejahre anschaut dann ist die Chance etwa so gross wie wenn eine Schneelawine mich hier im Flachland Indiens überollen würde!!!!!!

Aber nein, natürlich explodiert mein Reifen gerade mal 100 Kilometer nach dem Grenzübertritt nach Indien! AAAAAARGHHHHHHHH, wieso ausgerechnet jetzt????

Wir machen einen express Boxenstopp, Wagenheber angesetzt, Radschrauben gelöst: KAWUMM! Ich bin erstarrt, zitternd liege ich unter dem mächtigen 220l Dieseltank. Der 3.5 Tonnen Toyota ist soeben ab dem Wagenheber gefallen. Nur ein paar Schrammen an meiner Hand und ein riesen-Schreck habe ich von dieser höchst fahrlässigen Aktion davon getragen. Glücklicherweise war das Rad noch nicht entfernt!!!

 

Kein Ersatzreifen

Da die Chance ja so klein war einen erneuten Platten einzufangen, habe ich leider keinen Ersatzreifen mehr zur Hand. (Dieser ist mir ja erst gerade in Nepal kaputt gegangen) Aber was nun? Erst mal müssen wir den Reifen von der Felge kriegen. Mit vereinten Kräften versuchen Mark und ich das Scheiss-Ding (Entschuldigung) von der Felge zu drücken. Ohne Erfolg. Die Menschenmasse um uns herum wächst ständig. Die zwei weissen machen sich gerade etwas lächerlich. Irgendwann kann ein Junge nicht mehr zuschauen und nimmt uns die Werkzeuge aus der Hand. „Plop Plop... und schwups der Reifen ist von der Felge gesprungen“.

Meine Augen sind auch beinahe aus dem Kopf gesprungen... Technik ist eben alles!

Der nette junge Mann hilft uns dann auch gleich Mark's viel zu kleine Pneu auf meine Felge zu ziehen. Und so geht die Fahrt mit Marks profil-losem Reifen weiter. Na wenigstens ist kein Regen voraus gesagt. :)

 

30 Kilometer weiter...

kommt Mark zu einem abrupten Stop. Ihr glaubt es kaum... ein erneuter Platten, nun an seinem IVECO. Zum Glück hat er zwei Ersatzreifen mit. So ist dieser schnell gewechselt und das Loch im nächsten Dorf gestopft. Wir nehmen noch einen süssen Zuckerrohr-Saft zur Energie Aufstockung zu uns und essen einige Samosas um unseren aufkommenden Hunger zu stillen.

Und weiter geht’s... Bruuuum!

 

Nachtschicht

Wir verbringen die Nacht in einem Zuckerrohr-Feld wo wir als allererstes unsere Biervorräte „vernichten“ (Klingt nun nach mehr als die zwei Falschen dann her gaben). Die Speedmington Partie wird nach kurzer Zeit abgebrochen da das Bein-Bruch-Risiko auf dem unebenen Zuckerrohrfeld einfach zu hoch war. Eigentlich auch egal, denn wir wollen heute ja früh in die Federn um morgen noch viel früher los zu fahren.

Als Schlummerdrink gibt es frische Milch von den Farmern welche gerade die ganze Familie zur Begrüssung vorbei gebracht haben. Schon im Zelt höre ich dann ein Auto anfahren begleitet von militärisch direkten Stimmen. Phuu, ich ahne schon was nun kommt und werde mit einem Pochen an Mark's Türe bestätigt: POLIZEI, dein Freund und Nerver!

Zum Glück können sie mit dem Dachzelt nicht's anfangen und nehmen sich Mark's Wohncontainer vor und so muss Mark die Plagegeister abschütteln.

Der Wecker klingelt dann bereits um 3 Uhr morgens. Wir wollen den Mega-Verkehr in der Nacht umgehen und die gestern verlorene Zeit aufholen. Leider ist die Navigation in der Schwärze der Nacht schwierig und wir verfahren uns dutzende male und verlieren so viel wertvolle Zeit.

 

17 Stunden on the road

Siebzehn Stunden später, neun Uhr Abends, treffen wir dann endlich in Amritsar am westlichen Ende Indien's ein. Ein Fahrtag der Superlative. Schlaglochpiste, Autobahn, idiotische Fahrer, Power-Nap's und eine Irrfahrt durch das nächtliche Amritsar. Unglaublich und der Tag nimmt noch kein Ende, denn wir suchen zur Zeit gerade einen Schlafplatz in der Sikh-Stadt.

Ich habe Fridolin gerade Innenhof vom Tourist-Inn parkiert doch Mark mit seinem Riesen-Baby passt nicht durch die Einfahrt. So Irren wir weiter durch die Stadt bis wir endlich einen bewachten Parkplatz finden wo auch er eine ruhige Nacht zwischen Bussen und Tankstelle verbringen kann.

 

Amritsar – Goldener Tempel

Und wir haben noch immer nicht genug und raffen uns kurz vor 11 Uhr nachts noch auf um die Hauptattraktion Amritsar's in der Nacht zu beäugen. Der goldene Tempel ist der heiligste Schrein der Sikh und ist rund um die Uhr geöffnet und versprüht insbesondere in der Nacht eine entspannte und sagen wir „goldene“ Atmosphäre.

 

Ich bin erneut geblendet von der fragilen Schönheit dieser heiligen Pilgerstätte. Wie ein Juwel erhebt sich der goldene Tempel aus dem Wasser. Rund herum pilgern noch einige Nachtschwärmer, die meisten Besucher schlafen aber schon in dem Rundgang welcher quadratisch um den Tempel gebaut ist.

 

Damit auch morgen alles schön glänzt wurde gerade eben die Stunde der „Polierer“ eingeläutet. Scharen von Helfern nehmen sich alle metallenen Teile vor und polieren von Hand was das Zeug's hält. Beeindruckend.

Noch beeindruckender ist das Innere des goldenen Tempels, welches ebenfalls gerade heraus geputzt wird. Mir fallen die vier riesigen OMEGA-Uhren im Inneren auf. Ein Werbegeschenk der Schweizer Uhrenfabrik?

Nach diesem Mammut-Tag falle ich hundemüde ins Bett und lasse mich bis spät am Morgen nicht mehr blicken. Meine letzte Nacht in Indien... und dies wohl für eine lange Zeit.

 

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